Offener Brief und Antwort von Alois Gasser

Der folgende offene Brief wurde von Michael Alexander Mimler auf der Facebook-Seite des VKÖ veröffentlicht und wendet sich an Alois Gasser. Weiter unten die Antwort des Präsidenten.


 

 

Sehr geehrter Herr Gasser,

 

Mit Interesse habe ich Ihr Interview mit Rolling Pin auf deren Homepage gelesen.
Ihre Ambitionen in allen Ehren, aber denken Sie wirklich etwas verbessern zu können?
Die einzige Verbesserung für diesen Beruf, und die liegt nicht in ihren Händen, ist eine angemessene kollektivvertragliche Entlohnung, die nicht zehn Jahre hinterher hängt.

Dieser Beruf hat viele Probleme, das wissen wir alle. Auch ich war einmal in der Küche. Mittlerweile bin ich im Service.
Warum? Weil ich nicht mehr für ein Kollektivgehalt von X 16 Stunden am Tag in einem neonbeleuchtenden Raum eingesperrt sein möchte.
Und das wegen mangelnden Personals, Krankenständen und Urlauben vielleicht auch noch sechs oder sieben Tage die Woche. Und dabei vielleicht auch noch selbst krank drinnen stehen…

Überstundenbezahlung? Existiert nicht. Mehr Gehalt? Klar, das „extra“, das es dann noch auf den Kollektiv drauf gibt. Aber nur mal zwölf … Eh klar. Im Krankenstand sieht man dann davon vielleicht gar nix, und in der Pension oder bei einer zwischenzeitlichen Beschäftigung beim AMS, hat man auch nix davon. Und das wird auch immer weniger bis gar nicht bezahlt, da die Kontrollen der Finanz immer schärfer werden und die Wirte nicht mehr das extra machen, was sie früher machen konnten.

Warum sollte sich ein junger Mensch für diesen Beruf entscheiden? Um für 200+ Stunden im Monat vielleicht 1200 – 1400 Euro netto zu verdienen?! Wenn er, nach einer Ausbildung wie z. B. auf einer HTL, locker dieselben 1200 – 1400 in einem anderen Job bekommen kann, vielleicht sogar in einem Büro, mit besseren, schnelleren Beförderungen, bei einer 38,5 – 40 Stunden-Woche, bezahlten Überstunden, Krankenständen, am Freitag früh Schluss, Wochenende und Feiertags frei und ohne sich dabei kaputt zu machen und gesundheitlich zu runieren?

Wie gesagt, dieser Beruf hat viele Probleme, mangelnde Anerkennung, unsoziale Arbeitszeiten, dass die Gäste nicht bereit sind angemessene Preise für die Leistungen, die in der Gastronmie erbracht werden, zu zahlen, im Restaurant sich beschweren, dass das Brot extra kostet, aber genauso jammern, dass es im Supermarkt schon wieder teurer wurde, woraus sich im Umkehrschluss unter anderem dann wieder auch die schlechte Bezahlung ergibt.

Und die Gastronomen? Immer und immer mehr Auflagen, mehr Kontrollen, mehr Administration (HACCP-Verordungen, Dienstpläne, Allergen-Listen, Stundenaufzeichungen, Rezepte, Hygieneliste, Putzpläne, Lagerkontrolle, Inventuren, Kühltemperaturkontrolllisten, Abrechungen, Buchhaltung, Reservierunge, Angebote schreiben, nachbessern weil zu teuer, neue Angebote schreiben, etc…)
Reinigungsmittel, die ein Vermögen kosten, ständige Reperaturen (Lüftung, Dichtungen, Kühlaggregate, Geräte die ein Service brauchen, etc.), SVA, Steuern, Abgaben, Investionen in Abtrennungen, die bald obsolet sind. Kosten über Kosten!

Wenn ich T-Shirts verkaufe, dann kaufe ich ein Regal beim schwedischen Möbelhaus, lege das Zeug rein, und wenn eine Glühbirne kaputt ist, tausche ich sie aus. Ich brauche keine teuren Servicetechniker, 100.000 verschiedene Reinigungsmittel und -listen, etc…

Mich wundert es nicht, dass immer mehr Gastronomen zu Fertigprodukten greifen. Und auch nicht, dass sich immer weniger für diesen Beruf entscheiden. Ich würde es nicht mehr tun.

In jedem Fall wünsche ich Ihnen viel Glück mit ihrem Vorhaben!
Es ist allerdings ein Kampf gegen Windmühlen … aus Stahlbeton!

Mit freundlichen Grüßen,
Michael Alexander Mimler

 


 

 

 

Alois Gasser PortraitLieber Herr Mimler,

 

zuerst möchte ich Ihnen für diesen offenen Brief danken. Es ist sehr wichtig, dass sich Menschen aus unserer Branche Gedanken darüber machen, welche Unzulänglichkeiten es gibt. Dass sie diese aufzeigen und sich überlegen, was man besser machen könnte.
Das mache auch ich, genauso wie viele andere aktive Mitglieder des VKÖ. Und genau das ist der Grund, warum ich sehr wohl glaube, dass wir gemeinsam etwas Positives für unsere Branche bewirken können und das auch schon tun.

 

Ja, eine angemessene Entlohnung für die schwere und in den meisten Fällen sehr gute Arbeit der österreichischen Köchinnen und Köche ist eines der wichtigsten Ziele, die wir verfolgen. Es ist vielleicht das ambitionierteste Ziel und wird sicherlich nicht von heute auf morgen erreicht werden können. Es wird ein langer Weg für den VKÖ, bis er in der Position ist, auch diesen Bereich wesentlich mit beeinflussen zu können.
Aber genau aus diesem Grund verfolgen wir noch viele weitere Ziele. Denn in einem Punkt muss ich Ihnen widersprechen: Eine angemessene Entlohnung und bessere Arbeitsbedingungen sind nicht die einzigen Verbesserungen, die wir für den Kochberuf und die Gastronomie als Ganzes erreichen können und wollen. Geld ist wichtig, aber es ist nicht alles. Viel mehr Wertschätzung wäre eine Möglichkeit Motivation zu schaffen.

 

Es gibt viele Bereiche, in denen wir uns engagieren und wo wir zum Teil schon tolle Erfolge aufweisen können. Besonders, wenn man sich vor Augen führt, dass unserem Verband – leider – nur ein kleiner Teil aller österreichischen Köchinnen und Köche als Mitglieder angehört. Trotzdem wollen wir für alle Menschen, die tagtäglich in Österreichs Küchen ihr Bestes geben als Standesvertretung positives erreichen. Auch im Sinne von mehr Zufriedenheit im Job.

Wir geben der Jugend eine Chance, fördern sie und bieten den jungen Kochtalenten Plattformen, auf denen sie sich präsentieren können. Kochen muss wieder cool werden. Denn auch das ist ein Weg, um wieder mehr Lehrlinge und Schüler für diesen Beruf zu gewinnen. Sie werden in Zukunft den kulinarischen Ruf und die Kochtradition Österreichs über unsere Grenzen hinweg tragen und das Tourismusland Österreich im Ausland präsentieren.
Das führt mich zu einem weiteren unserer großen Anliegen: Wir fördern und pflegen die österreichische Küche. Dabei wollen wir aber nicht nur die Tradition bewahren, sondern diese modern interpretieren und fit für die Zukunft machen. Durch Weiterbildung, Vernetzung und (inter-)nationale Kooperationen.

 

Nachhaltigkeit ist ein immens wichtiges Thema. Viel zu verschwenderisch gehen wir teilweise mit unseren Ressourcen um, sowohl im privaten Bereich, wie auch im Beruf. Zu wenig wird oftmals auf Qualität geachtet – weil man nicht anders will oder nicht anders kann. Das ist zum Großteil eine Folge der von Ihnen, Herr Mimler, erwähnten mangelnden Anerkennung und der leider vorherrschenden Priorität, die niedrige Preise bei den Gästen gegenüber der Qualität haben.
Auch hier wollen wir dafür kämpfen, dass Lebensmittel und ganz besonders von Köchinnen und Köchen fachgerecht und gut zubereitete Gerichte ihren Wert und ihren Preis haben. Genauso wie die Zutaten, wo wir für Qualität einstehen, anstatt für billige Massenware.

 

Ja, es gibt sehr viel zu tun. Der Weg, der vor uns liegt, ist weit. Aber je mehr Kolleginnen und Kollegen sich engagieren und einen Teil des Weges mit uns gehen, desto schneller werden wir vorankommen. Nur GEMEINSAM kann es funktionieren Verbesserungen zu erringen, wenn MEHR kritisch hinterfragen und aktiv mit uns dem VKÖ agieren, wird es uns gelingen. Denn Wege entstehen beim GEHEN! Der Alltag darf nicht zur Routine werden.

 

Ihr Alois Gasser

 

 

 

 

 

6 Comments

  • Sehr geehrte Damen un Herren

    sollten sich in meinem kommentar einige schreib fehler einschleichen dann bitte ich um verzeihung aber ich bin einer der vielen Auslands Oesterreicher die im Ausland Karriere gemacht haben und ich muss sagen das mich der brief von Herrn Mimler nicht ueberrascht aber genau das wieder spiegelt was mich schon seit langem stoert

    ja es ist ein harter Job / aber es ist einer der schoensten Jobs auf erden / was ich hier in den brief vermisse ist wie echte Koeche wirklich denken und funktionieren

    Geld ja klar brauchen wir / aber es ist speziell in jungen jahren nicht wichtig / ueberhaupt nicht wichtig / PASSION ist das wichtigste
    Talent ist wichtig / ein stressiges service ist SUPER/ volles restaurant genial/ koeche die zuzsammen arbeiten / diese zusammen gehoerigkeit gibt es einfach in anderen berufen nicht

    Ich bin seit 30 jahren dabei habe auf vielen Kontinenten dieser welt gearbeitet und immer in Spitzen hotels / Herr Gasser hat mir vor langer Zeit meine Koch prufung abgenommen als er noch bei Wiberg gearbeitet hat und die Passion die Herr gasser auch heutzutage fuer unserer Branche an den Tag legt ist wahrlich zu bewundern

    ich habe Herrn gasser schon auf vielen Oesterreichischen Botschaften getroffen und immer begeistert uber ihn .

    Der Beruf ist wahrlich nicht fuer jeden ich stimme ihnen voll kommen zu aber fur die personen die unseren Beruf mit begeisterung ausueben ist es der tollste und beste Job den es gibt

    Oesterreich hat grosse schritte in fine dining gemacht und das ist gut so , wie schon gesagt es liegt noch ein weiter weg mit vielen steinen vor uns um dies wieder den coolsten job on the planet zu machen aber ich habe die begeisterung auch nach 30 jahren noch nicht verloren und fuehre eine F&B operation mit einer million euro umsatz im monat

    Viele Gruesse

  • Gottdfried Streimel sagt:

    Meine Frau hat mit 47 die Berufschule für Koch gemacht wir hatten dann ein Gasthaus gemietet und wir hatten auch nicht viel Geld aber das Kochen war das schönste für meine Frau.Sie kannte 100 Pilze und es war für sie das gröste neue Rezepte zu Erfinden.

  • Zrnjevic sagt:

    …Super da bewegt sich etwas, ich wünsche euer Vorhaben möge gelingen.

  • Thomas Urban sagt:

    Mein Name ist Thomas Urban, Initiator des neuen Webportals für Azubis „gastro-monster“.
    Immer wieder verfolge ich solche Diskussionen und freue mich, dass endlich jemand erwacht. Wenn sich jetzt nicht zügig etwas ändert steht der Individualgastronomie noch schwerere Zeiten ins Haus. Sie sprechen hier von Geld, Freizeit und sogar Anerkennung. Das ist zwar lobenswert, aber in Zeiten des Fachkräftemangels noch längst nicht ausreichend. Wir erwarten von Gastronomen Leistungen mit Event- Charakter und bieten oft noch nicht einmal einen Umkleideraum. Die Deckung individueller Bedürfnisse bleibt oft auf der Strecke. Klar haben viele Gastronomen andere Sorgen, aber wer sich jetzt nicht um Nachwuchs kümmert diese Keime fördern und dabei hegt und pflegt, wird keine Ernte mehr einfahren. Werdende Azubis müssen nicht nur informiert, sondern im Vorfeld aufgeklärt werden, was sie erwartet und was von ihnen ehrlich verlangt wird. Die Abbruchquote ist eine Katastrophe. Das ist so als ob ein Gast nach dem ersten Gang das Restaurant verlässt. Von der schlechten Mund-zu-Mund Propaganda brauche ich hier wohl nichts erzählen.
    Es gibt viele Berufe, die mit dem gleichen Problem kämpfen- die Gastronomie hat jedoch einen nicht zu verkennenden Vorteil: Es gibt talentierte Menschen, die sich dazu berufen fühlen und es gibt viele Betriebe in denen Gastronomie richtig Spaß macht.
    Es gibt übrigens auf der Webseite „gastro-monster.com“ einen neuen Bereich, wo sich gastronomische Betriebe selbst testen können, ob sie ein guter Arbeitgeber sind. Sind sie es, haben diese die Möglichkeit dort kurz gratis zu präsentieren.
    Noch zum Schluss eine Aussage, die ich vor kurzem gelesen habe.

    Sehr gute Betriebe bekommen die besten Mitarbeiter, alle anderen nur die drittbesten.

    In diesem Sinne
    Viele Grüße aus Deutschland
    Thomas Urban

  • Alois Gasser sagt:

    Hallo Dietmar, schön von dir zu hören, aus deinen Worten entnehme ich dass es dir GUT geht.
    „Verfolge“ dich ja auch auf Facebook.
    Danke für deine netten Worte, ja wie schnell die Zeit vergeht, Lehrabschlussprüfung im Jahre …., treffen in Bangkok 2008!
    Übrigens bin ich noch immer bei WIBERG und zwar seit 12/1987, hab mir das früher nie vorstellen können, denn nachdem
    Routine eingekehrt ist, also nach ca. einem Jahr, in ein und der selben Küche brauchte ich eine neue Herausforderung,
    daraus wurden über 20 versch. Gastronomiebetriebe in denen ich weiter lernen durfte.
    Jetzt, seit Mai 2014 noch das Amt Präsident VKÖ, ehrenamtliche Schwerarbeit, aber ich mache es gerne, im Sinne einer
    „besseren“ Kulinarik und als Standesvertretung für den schönsten Beruf auf der Welt. Ja, es gibt viel Aufzuarbeiten, wenig
    Unterstützung, viele Kommentare aber keine Lösungsansätze/Ideen/Mitarbeit …
    Wann kommst du wieder mal nach Österreich?, gäbe viel zu besprechen, KOCHEN ist Geschichten erzählen.
    Alles Gute, auch an deine Lieben Grüße aus Salzburg Alois

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